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12.04.2019 • 13 min.

pretty personal portrait

„Ich glaube wir machen einiges richtiger.“

Retuscheure gelten als introvertiert und nerdig. Nicole Niestroj und das Team von pretty on point beweisen das Gegenteil. Sie sind offen, kommunikativ, haben ein großes Herz für ihre Kunden und den richtigen Blick für exzellente Bilder. Im Studio sitzt Niestroj am Monitor und ist völlig in ihrem Bildschirm versunken: Ein Gespräch über meditative Oasen in der Werbebranche, Zeitreisen mit Fortuna, die Erfindung von Photoshop Future, kollegialen Rosinenpickern, das große Glück negative Ereignisse erleben zu dürfen und die wirklichen Abenteuer der Fünf Freunde.

 

AW: Stefan und Jan sagen, Du wärst die gute und ausgleichende Seele der Geschäftsführung. Siehst Du Dich genauso oder bist Du doch am Ende die Härtere?

NN: (lacht) Die beiden Herren amüsiert es gerne mal, da ich viele im ersten Augenblick unnötige Utensilien wie Nagelschere, Kopfschmerztabletten, Pflaster, Notschokolade und ähnliche Dinge lagere, von denen man nie angenommen hätte, dass man sie im Büro mal brauchen könnte — bis man sie braucht. Man sagt, dass die gute Seele immer Rat weiß und ein offenes Ohr hat. Und das stimmt: Ich habe ein sehr ausgleichendes und ausgeglichenes Wesen. Und es dauert unglaublich lange mich aus der Ruhe zu bringen. Aber wenn mein Herz für eine Sache brennt, kann ich auch sehr hartnäckig sein und mich dafür einsetzen.

AW: Hätte es Deiner Meinung nach so weiter laufen können wie die letzten Jahre oder war das jetzt genau das, was Du als neuen Schub gewünscht hast?

NN: Ich denke, es ist richtig und wichtig gewesen diesen Schritt zu gehen. Die heutige Zeit bringt es mit sich, dass man sich als Unternehmen ständig im Wandel befinden muss und sich dadurch natürlich verändert. Wir sind bereits sehr lange in dieser Konstellation, wenn man unser Kernteam betrachtet und haben die Rädchen natürlich immer neu justiert, aber nie in dieser Größenordnung. Durch Jan ist neuer Wind reingekommen und das ist klasse. Wir haben bereits viele Umstrukturierungen vorgenommen und werden dies auch vermehrt in Zukunft tun. Vor allen Dingen wird die Kommunikation nach Außen weiter verstärkt.

AW: Du kommst zwar aus der Werbebranche, hast aber eine kaufmännische Ausbildung. Also ein eher ungewöhnlicher Weg zur Retusche. Kannst Du uns erzählen, wie es dazu gekommen ist? Und bist Du jetzt als Partnerin froh, dass Du diesen Hintergrund hast?

NN: Nach dem Abi wollte ich auf jeden Fall in die Werbung und habe eine Ausbildung zur Werbekauffrau absolviert. Ich merkte aber schnell, dass es mir nicht liegt. Auch anderen viel es auf und sie sagten „Du bist so kreativ, gehe in die Kreation“. Glücklicherweise hatten wir in der Agentur eine Abteilung für Photoshop. Ich glaube wir arbeiteten mit 2.5. Also wirklich prähistorisch. Danach bin ich Junior Art Direktorin geworden und konnte hier beides ausleben: Gestaltung und Bildbearbeitung. 2002 machte ich mich selbständig und 2003 lernte ich Stefan kennen. Seitdem arbeiten wir eng zusammen. Die kaufmännische Ausbildung war bereits äußerst hilfreich, als ich mich selbständig gemacht habe. Beispielsweise um Produkte zu positionieren, Zielgruppen der Kunden besser zu verstehen, meine Buchführung zu machen und einen Rundumblick für die Herausforderungen der Projekte zu besitzen.

AW: Dein Herz schlägt für Fortuna. Vor einigen Jahren sogar im doppelten Sinne bzw. sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Nimmst Du uns ein Stück mit auf die „Zeitreise zu den Anfängen dieser Leidenschaft“ und was daraus entstanden ist?

NN: Ich weiß, worauf Du anspielst. Ich war vor vielen Jahren mit einem Ex-Profi von Fortuna zusammen und bin dadurch sehr leidenschaftlich 10 Jahre lang mit Fortuna durch alle Ligen gegangen. Freud und Leid liegen bei dem Verein sehr eng beieinander. Aber es war eine sehr schöne und aufregende Zeit. Fortuna ist und bleibt meine große Liebe: Es ist der tollste Verein der Welt und das sage ich nicht nur, weil ich Düsseldorferin mit Leib und Seele bin. Gut, wahrscheinlich schon deswegen. (lacht)

AW: Ihr arbeitet viel für Fortuna und habt auch Jahrestickets. Wie ist das für eine ehemalige Spielerfrau dort ein Spiel zu schauen und später in den Platinum Club der Loge zu gehen?

NN: Es ist eine große Fortuna-Familie. Es heißt nicht umsonst einmal Fortuna, immer Fortuna. Es ist ein bisschen wie nach Hause kommen und viele liebenswert bekloppte Menschen treffen. Immer wieder schön.

AW: Und wie fühlt es sich bei euch im Studio an? Kannst Du es mit kurz für uns beschreiben?

NN: Ich finde der beste Vergleich ist eine Oase. Es ist ein sehr entspanntes Arbeiten an schönen Dingen und ein ebenso entspannter Umgang miteinander. Ich mag es, dass wir uns nicht verstellen müssen und sehr authentisch sind. Sowohl nach Außen als auch nach Innen.

AW: Das klingt unglaublich idyllisch. Wie kann man sich Deinen Job vorstellen und was treibt Dich täglich an sich wieder und wieder an ein Bild zu setzen?

NN: Für mich ist es die Faszination die Realität zu verändern, ohne das es jemandem auffällt. Ich mag auch das Meditative an unserem Job. Es ist wie ein komplexes Projekt, das man von Anfang bis Ende en Detail begleiten darf. Ich mag es einfach schöne Dinge noch schöner zu machen bzw. sie zu verändern. Was mir gefällt ist, dass jeder von uns viel Kundenkontakt während des Prozesses hat, um die Abstimmungen zu gewährleisten. Das ist ein ideales Wechselspiel: In aller Ruhe das Bild nur für sich bearbeiten und sich anschließend mit dem Kunden auszutauschen. Es wird dadurch nie langweilig oder eintönig.

AW: Welche Fähigkeiten schätzt Du bei Stefan und Jan am meisten und welche an Dir?

NN: Sehr gute Frage. Da muss ich kurz nachdenken, damit ich nichts Falsches sage. (lacht) Jan ist definitiv der junge Wilde der Truppe. Er ist ein Antreiber, geht mit großen Schritten nach Vorne in Richtung Zukunft und versucht schnell und effizient unsere gemeinsamen Visionen umzusetzen. Und er ist ein unglaublicher Networker. Stefan ist das Auge. Er kann wirklich JEDES Problem lösen durch seine unfassbare Erfahrung und seine Hartnäckigkeit. Was er sehr gut kann, ist Dinge zu vermitteln. An ihm ist meiner Meinung nach ein hervorragender Dozent verloren gegangen. Und ich bin am Bild sehr perfektionistisch. Zudem ist meine Natur wie gesagt verbindend, verbindlich und empathisch. Richtig rund wird es mit Dani und Elke, denn mit dem gesamten Team funktioniert alles Hand in Hand.

AW: Jetzt muss ich aber eine Frage loswerden, die mich persönlich interessiert. Es gibt ja meistens einen, der sich ständig die Rosinen rauspickt? Bei euch auch?

NN: Das kenne ich auch. (lacht) Aber hier haben wir das Glück, dass wir unterschiedliche Rosinen lieben und uns da beim Picken nicht in die Quere kommen.

AW: Möchtest Du gerne, dass Deine Tochter einen ähnlichen Weg wie Du einschlägt oder könnte sie auch V/Bloggerin werden?

NN: Oh Gott. Sie ist schon auf dem besten Wege so etwas zu werden. Die Generation findet es ja völlig normal öffentlich zu sein. Verrückt. Zurück zu Deiner Frage: Sie soll glücklich werden wie ich. Und das in dem Job, den sie liebt. Das ist mein absoluter Herzenswunsch.

AW: Was würdest Du werden wollen, wenn Du jetzt so alt wärst wie Deine Tochter — mit den Jobprofilen und den (Online-) Möglichkeiten von heute? Also in 10 Jahren würdest Du dann ungefähr Deinen neuen Job antreten.

NN: Ich fände es spannend, wenn es dann ein Programm (Photoshop Future) geben würde mit dem man bewegte Bilder (Film, CGI und Raws) bearbeiten könnte und der Rechner keinerlei Kapazitätsprobleme hätte. Am Film gefällt mir besonders, dass mehr Emotionen transportiert werden können. An CGI, dass der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind. Und gerade an solchen trüben Tagen wie heute wäre ich gerne Surflehrerin oder Hundesitterin irgendwo an einem warmen Plätzchen am Meer.

AW: Für welche negative Erfahrung in Deiner Karriere bist Du im Nachhinein dankbar?

NN: Das Beste, was mir passieren konnte war eine unerwartete Kündigung. 2002 war die große Krise auch in der Werbebranche angekommen und es traf mich und andere liebe Kollegen. Wir waren alle am Boden zerstört, aber die Flinte ins Korn werfen war keine Option. Also habe ich all meinen Mut zusammen genommen und mich selbständig gemacht. Eigentlich wollte ich die Zeit nur überbrücken, doch nach kurzer Zeit stellte es sich als beste Entscheidung meines Lebens heraus. Ich traf 2003 Stefan und er brachte mir alle Tricks und Kniffe bei der Bildbearbeitung bei. Seitdem arbeiten wir eng zusammen und jetzt sogar als Partner.

AW: Bereust Du etwas im Leben?

NN: Ich bin eine Rheinische Frohnatur, wie sie im Buche steht. Ich bereue nix. (lacht)

AW: Wie wurdest Du als Kind genannt und mit welchen Eigenschaften umschrieben? Oder anders: Wer warst Du, wenn ihr TKKG oder 5 Freunde gespielt habt?

NN: Witzige Frage muss ich sagen. Einen Spitznamen hatte ich eigentlich nie. Aber ich war bei dem Spiel „5 Freunde“ immer George. Also ein Mädchen, das lieber ein Junge sein wollte. So war ich irgendwie auch: Ich spielte lieber mit Jungs, war wild, kletterte mit Vorliebe auf Bäume, lachte viel und war immer zu Späßen aufgelegt.

AW: Was macht ihr anders als andere?

NN: Ich glaube, wir machen einiges richtiger. Wir investieren beispielsweise viel in die Entwicklung neuer Techniken, nehmen uns Zeit für die Beratung unserer Kunden und stellen eine hohe Qualität unserer Projekte sicher — das zahlt sich aus. Zudem ist es uns in den letzten Jahren gelungen, erfolgreich eine Nische zu besetzen und daraus ein florierendes Geschäft zu entwickeln. Hinzu kommt, dass alle im Team mit großem Engagement ihrer Arbeit nachgehen, ihre Ideen einbringen beziehungsweise verwirklichen und das Studio so weiterentwickeln. Wir sind bewusst anders und machen daraus eine Tugend. Wir wollen für die Kunden in dieser stressigen Werbewelt auch ein wenig eine Oase der Gelassenheit und Ruhe sein und dazu immer Bestleistung bringen. Dafür denken wir im Job mit und suchen gemeinsame Lösungen für das optimale Ergebnis. Dadurch ziehen wir auch nur nette Kunden an, die genau das an uns schätzen.

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Interview/Text: Anna Wischermann

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