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21.05.2019 • 4 min.

Imperfektion in der Fotografie

pretty on point • retouching • post production • düsseldorf

Imperfektion in der Fotografie oder die Kunst des Weglassens

Gänsehaut. Ich liebe Gänsehaut. Warum? Weil für eine Sekunde irgendetwas in mir sowohl geistig als auch körperlich ein kribbelndes Gefühl auslöst. Und das wiederum bringt mich zum Nachdenken, inspiriert mich, fordert mich auf über den Tellerrand zu blicken, nervt mich oder verstört meine gewohnte Welt für eine gewisse Zeit. In diesen Momenten steckt Magie. Es gibt Fotografen, die auf ihre Art Magier sind, denn sie lassen durch ihre Bilder Gänsehaut entstehen.

Was fesselt mich? Was macht mich nachdenklich? Was irritiert mich? Wie entsteht Magie in einem Bild? Oft ist es die Kunst des Weglassens. Insbesondere sind es die Stellen im Foto, die Raum für Fantasie oder Illusionen lassen und gewohnte oder ungewohnte Gefühle bei den Betrachtern auslösen. Jeder kennt die Bilder von den Fotografen Nick Knight und Ray K. Metzker. Diese Fotos sind unglaublich konkret und gleichzeitig lassen sie zum Beispiel durch schwarze Flächen viel Platz für Unkonkretes – die Fantasie. Und vielleicht gerade, weil der Betrachter nur erahnen kann, was sich im Dunkeln verbirgt, sind diese Bilder (be-) merkenswert.

Doch wie ist es um die Magie in der Werbung bestellt? Wir Retuscheure kreieren nach Briefing Bilder für die Werbung, die scheinbar perfekt sind. Dafür bekommen wir massenhaft Bildmaterial zur Verfügung gestellt. Sowohl für Auto-Shootings, Produkt-Stills als auch Haar-Beauty-Motive werden Fotos in mannigfachen Varianten produziert. Bei Stills kommen Belichtungs- und Ausleuchtung-Abwandlungen hinzu. Das bedeutet, jedes Produkt-Detail – wirklich JEDES – wird separat ausgeleuchtet.

Bei Auto-Stills wird jede Nuance durch separate Belichtung sichtbar: Jeder Türgriff, jede Fuge – selbst der Innenraum. Auch der Fahrer ist zu erkennen, vorausgesetzt der Kunde ist bereit die Rechte dafür zu bezahlen.

Bei Haar-Beauties werden Motiv- und Hair-Styling-Varianten produziert, damit jede erdenkliche Kombination möglich ist. Hier wird das letzte fliegende Härchen entfernt und die Schattenpartie wird soweit aufgehellt, dass auf jeden Fall Haarstruktur zu sehen ist. Fotografisch vollkommen unmögliche Situationen werden künstlich erzeugt, um Produkte perfekt sichtbar zu machen.

Die Technik ermöglicht all diese Ergebnisse und was technisch machbar ist, wird in der Regel auch umgesetzt.

Kommen wir nun zurück zu Knight und Metzker, denn ein entscheidender Aspekt wird oft in dem Prozess des Perfektionismus und des Sichtbarmachens vergessen. Der Aspekt, dass Faszination oft aus dem Imperfekten und dem Verbergen von Details entsteht.

Stellen wir uns vor, wir wären auf der Fotoausstellung PARIS PHOTO. Die Fotos, die mich zum Beispiel dort am meisten faszinieren, sind Fotos mit einem gewissen Abstraktionsgrad. Diese Abstraktion kann schon das Weglassen der Farbe sein oder eine gezielte oder auch zufällige Unschärfe. Große Teile des Motivs sind komplett schwarz und ich muss mir den Rest dazu denken. Hier wird es dann richtig interessant, denn das ermöglicht Raum für eigene Interpretationen, Bilder entstehen im Kopf, die Fantasie wird angeregt. Bei den meisten klassischen Magnum-Fotografen beispielsweise waren diese Imperfektionen schon alleine wegen der Technik und der Umstände, unter denen die Bilder entstanden, unvermeidlich. Aber wir lieben diese Bilder genau deswegen.

Diese Imperfektionen und der Mut, diese zu erhalten, bringt uns drei entscheidende und teilweise verloren gegangene Komponenten in die Fotografie zurück: Gänsehaut, Glaubhaftigkeit und Magie.

Text: Stefan Kranefeld, Anna Wischermann
Foto: Alexander Krivitskiy on Unsplash

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