AW: Du hast letzte Woche eine Zeitreise gemacht. Dürfen wir an dieser besondereren Erfahrung ein wenig teilhaben? Wohin ging es und warum?
SK: Sehr gerne. Ich habe mich Sonntag auf den Weg nach Passavant-sur-Layon im Loiretal gemacht. Dort wohnen und arbeiten langjährige gute Freunde von mir in einer 800 Jahre alten Mühle. David Colby und Wilhelm Moser.
AW: Die beiden Herren sind keine Unbekannten in der Kunst- und Verlagsszene. Kannst du kurz etwas zu jedem in drei Sätzen sagen?
SK: Die beiden haben in den 80ern zwei wegweisende Magazinformate entwickelt und auf den Markt gebracht. Das „Select-Magazin“, welches gerade in der Vor-Internet-Zeit bedeutungsvoll war und „The Manipulator“, ein großformatiges Magazin über Kunst, Fotografie, Kultur und Mode, das auch heute noch zu besonderen Anlässen erscheint und nichts an seiner Faszination verloren hat. Willy ist ein international anerkannter Künstler, Fotograf, Filmemacher und Maler. David ist ein Buchautor, Schreiber, intelligenter Denker und Konzeptioner. Beide sind wunderbare Menschen, denen ich sehr vertraue.
AW: Wie haben sich eure Leben überkreuzt? Nehme uns ein Stück mit in eure erste Begegnung.
SK: Das ist eine halbe Ewigkeit her. Ich habe 1981 bis 1984 eine Ausbildung als Farbenlithograph gemacht. Ich weiß gar nicht, ob es diesen Beruf noch gibt. (lacht) Dort tauchten immer wieder zwei interessante Typen auf und ließen Reproduktionen von unglaublich faszinierenden Fotos anfertigen. Nach meiner Ausbildung fragten sie mich, ob ich Lust hätte für sie zu arbeiten. Ich brauchte für diese Entscheidung ungefähr eine Millisekunde. (lacht)
AW: Was hat dich von Anfang an, an den beiden fasziniert und wie sehr haben sie Dich beeinflusst?
SK: Die beiden führten ein (Berufs-) Leben, das ich so in der Form noch nicht kannte. Durch die Magazine waren sie in der Lage, ein sehr außergewöhnliches Leben zu führen: Sie waren immer an neuen Orten mit interessanten Menschen. Ganz abgesehen von den künstlerischen Eindrücken und Impulsen, die sie dadurch täglich hatten. Nich selten kam ich morgens ins Büro und das Ganze war über Nacht zum Maleratelier umfunktioniert worden, da Willy spontan ein neues seiner 3x4m großen Gemälde erschaffen hatte. Ich kam aus einer anderen Welt. Diese Erfahrung war für mich wichtig, um mich aus meiner damals doch sehr eindimensionalen Denkweise zu befreien.
AW: Wie fühlte es sich an nach all den Jahren dort gemeinsam Wein zu trinken, in der Vergangenheit zu schwelgen und das Archiv zu durchstöbern?
SK: Einerseits unwirklich, da ich nun wieder Fotos in den Händen hielt, die ich das letzte Mal 1986 gesehen hatte. Andererseits spannend, da ich viele alte Motive entdeckt habe, die ich bis dato noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Alles in allem waren die Momente in der Mühle sehr vertraut und schön.
AW: Welche Geschichte möchtest du spontan mit uns teilen?
SK: Wir haben am Montagmorgen eine Ausstellung in einem nahe gelegenen Schloß besucht. Ein Ausstellungsstück war ein im Boden eingelassener Spiegel. Das war für David und Willy eine klare Aufforderung Blödsinn zu machen und ihr inneres Kind frei zu lassen. Wir sind auf dem Spiegel rumgekrochen und haben uns gegenseitig fotografiert. Die werden eben nie erwachsen und das ist gut so. Zwei kreative Peter Pans mit einem unstillbaren Durst nach Freiheit und Leben.